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Samstag, 16. Oktober 2010

Meine Arbeit


Ich tue mich etwas schwer damit, diesen Bericht zu schreiben, deshalb habe ich ihn auch so lange herausgeschoben. Aber die Arbeit war ein Bestandteil meines Aufenthalts in Argentinien und gehört somit auch auf meinen Blog. Leider ist diese Erfahrung mit viel Enttäuschung und Unverständnis verbunden, ich habe aber einen Weg gefunden um damit klar zu kommen, und aus den acht Wochen das Beste zu machen, für die Kinder und für mich.
Beginnen wir von Vorne! In der Schweiz musste ich mich anhand Kurzbeschreibungen von Projekten für drei entscheiden, in denen ich mir vorstellen konnte zu arbeiten. Hier wurde mir dann eines dieser Projekte zugeteilt. Alle drei Projekte, die ich aussuchte, waren Arbeiten mit Kindern. Und bei allen stand, dass ich zwischen fünf bis sieben Stunden pro Tag und drei bis fünf Tage die Woche arbeiten werde. So weit so gut. Als ich dann aber zum "Vorstellungsgespräch" ging, wurde mir gesagt, dass ich nur Mittwochs von 14.30-17.30 Uhr, Donnerstags von 16.00-18.00 Uhr und Freitags von 16.00-18.00 Uhr arbeiten werde, jeden Tag an einem anderen Ort. Das ist viel weniger als ich dachte und ich eigentlich wollte! Na gut, dann habe ich eben mehr Zeit um die Stadt zu besichtigen und die Möglichkeit an den langen Wochenenden weitere Reisen zu planen.
Kurze Projektbeschreibung: Ich arbeitete in Comedores. Kinder, deren Eltern arbeiten, kommen dahin zum Mittagessen und am Nachmittag nach der Schule um zu spielen oder Hausaufgaben zu erledigen. Auf mich wirkte es ähnlich wie Mittagstisch und Randstundenbetreuung. Wir waren für die Hausaufgaben und die Aktivitäten zuständig. Eine Person von Argentinien, die diese Arbeit auch freiwillig macht aber für eine unbeschränkte Zeit wird jeweils von zwei ausländischen Freiwilligen unterstützt. Die ersten vier Wochen arbeitete ich mit Sebastian (D) und die letzten vier Wochen mit Lotte (NL) zusammen. Sebastian hat vor mir immer nur positiv über die Arbeit gesprochen, was bei mir Selbstzweifel auslöste. Für mich war die Arbeit so: Ich kam dahin, versuchte die Kinder für etwas zu motivieren, die Kinder waren wenig begeistert, liessen sich nichts sagen und machten was sie wollten. Da es freiwillig ist, konnten sie kommen und gehen wann sie wollten. Also wenn ihnen etwas nicht gefiel, dann gingen sie einfach. Zudem waren es meist nur sechs bis zehn Kinder im Alter von vier bis zwölf die von DREI Erwachsenen betreut wurden! Für mich ist das ein Punkt, den ich nicht verstehe. Es hat so viel Armut in dieser Stadt, so viel Potential zum helfen und ich sitze da und "langweile" mich, weil drei Erwachsene für sechs Kinder einfach wirklich zu viel ist... Und die Kinder mir auch häufig das Gefühl gaben nutzlos zu sein. Da aber Sebastian dieses Gefühl nicht hatte, dachte ich es liegt an mir. Ich hätte zu hohe  Erwartungen, weil ich Erfahrung habe und weiss wie es sein könnte. Ich gab mir alle Mühe, erwartungslos in die Comedores zu gehen und mit den Kindern ins Gespräch zu kommen.
Ich suchte aber auch das Gespräch mit der, für die Freiwilligenarbeiter zuständigen Person. Sie meinte, ich solle abwarten, das werde schon besser, ich sei ja erst ein Mal an jedem Ort gewesen. Gesagt getan.. Vier Wochen vergingen, ändern tat sich aber nichts. Vorallem Freitags kostete es mich grosse Überwindung zur Arbeit zu gehen. Jedes Mal musste ich mich aufs Neue motivieren, was mir von Woche zu Woche schlechter gelang. Am Freitag kommt zu den Oben beschriebenen Eigenschaften noch dazu, dass die Mutter von drei Kindern die zugleich die Tante von den anderen drei Kindern war, die wir beschäftigen mussten, anwesend war und nichts tat!  Wieso beschäftigt sie ihre Kinder und Nichten nicht selber, während wir da helfen wo die Hilfe notwendig ist?!? Zudem hatten diese Kinder Mp3-Player und Handys. Ich hatte mit 8 Jahren noch kein Handy und das in der Schweiz!!
In den ersten zwei Wochen, konnte ich die schlechten Gefühle noch mit den positiven Erlebnissen und den vielen Eindrücken der Stadtbesichtigung gut machen. Aber wenn man so viel Zeit hat, hat man irgendwann auch die Stadt gesehen und es bleibt einem viel Zeit zum überlegen. Zu viel Zeit! In der vierten Woche hatte ich dann eine riesen Krise. Ich zog mich vermehrt in mein Zimmer zurück, konnte mich für nichts mehr motivieren, fühlte mich sehr einsam und war richtig lustlos! Logischerweise packte mich dann auch das Heimweh.  Es gab Momente in denen ich mir überlegte zu packen und nach Hause zu kommen. Zum Glück hatte ich aber einige Wochen davor die Reise nach Bariloche gebucht, welche ich dann am Wochenende dieser Krisenwoche in Angriff nahm. Ich war zwar auch da alleine unterwegs, konnte aber in der Natur wieder etwas Energie tanken. Zudem wusste ich, dass ich ab der folgenden Woche mit Lotte arbeiten werde. Sie ist auch Lehrerin. Ich habe mir vorgenommen abzuwarten, wie sie die Arbeit empfindet und dann nocheinmal das Gespräch mit der zuständigen Person zu suchen.
Voller Vorfreude begleitete mich Lotte am folgenden Mittwoch zur Arbeit. So gross ihre Vorfreude war, so gross war die Enttäuschung danach. Ich musste sie auf dem ganzen Heimweg (40min) trösten. Sie weinte hemmungslos vor allen Leuten in der Ubahn und das sagt einiges! Einerseits tat es mir sehr weh, sie so zu sehen, andererseits war ich froh, dass es ihr genauso ging wie mir. Also lag es nicht nur an mir und meiner Einstellung. Es lag auch nicht an den Kindern, die sind eigentlich wirklich lieb und süss. Und es lag auch nicht an unserer Tätigkeit, sondern nur daran, dass wir nicht verstanden worin unseren Nutzen für die Kinder war.

Am Freitag sassen wir dann gemeinsam im Büro von Barbara (Chefin der Schule) Wir gingen dahin, um ihr zu sagen wie wir uns fühlen und mit der Erwartung, dass sie uns hilft die Situation zu verstehen. Überlegt euch ganz kurz, was lernt man immer, wenn es darum geht wie man richtig kommuniziert? - Man soll von sich aus sprechen, also Sätze wie Ich denke.. Für mich ist es so... Ich habe das Gefühl dass.. etc. und nicht Du musst... Die Kinder sind... Du hast...etc. Also wir haben von unseren Eindrücken und Gefühlen erzählt, erschwerend kam natürlich noch dazu, das wir dass alles in einer Fremdsprache tun mussten (englisch). Barbara reagierte so, als fühlte sie sich angegriffen. Ich verstehe bis jetzt nicht wieso! Sie nannte uns Egoisten, wir arbeiten nur da weil WIR uns gut fühlen wollen und nicht weil wir für die Kinder da sein wollen. Wir sprechen die ganze Zeit nur von uns etc. und das Ganze in einem ziemlich aggressiven vorwurfsvollen Ton! Ich sagte lange nichts, war aber ziemlich wütend! Als ich dann etwas sagen wollte, schnitt sie mir das Wort ab und meinte, sie sei jetzt dran! Zuerst wollte ich aufstehen und gehen, ich lasse mich doch nicht wie Dreck behandeln! Aber dann wäre ich gleich weit wie zuvor, einfach zusätzlich noch mit einer Wut im Bauch. Der Streit zwischen ihr und Lotte ging weiter. Ich sass da, beobachtete und habe mir während ihren ganzen Anschuldigungen überlegt, wie ich diesen Streit schlichten und SIE beruhigen kann. (Eigentlich wäre das ja ihre Aufgabe gewesen als gesprächsführende Person) Als sie dann endlich mal Luft holte, kam ich zu Wort und es gelang mir tatsächlich das Gespräch zum Guten zu wenden.
Sie erzählte uns von ihren eigenen Erfahrungen als Freiwilligenarbeiterin, die sie mit Kindern machte und erklärte uns auch den Hintergrund "unserer" Kinder. Für mich ist genau das, das Entscheidende, zu wissen woher die Kinder kommen, und in was für Verhältnissen sie leben. Bisher hat mir das nie jemand so richtig erklärt. Jetzt kann ich mir vorstellen worin meine Notwendigkeit in diesen Projekten liegt und kann auch das Verhalten der Kinder besser verstehen. Das Projekt vom Freitag habe ich aber aufgegeben, weil ich da den Sinn auch nach dem Gespräch nicht verstand. An Stelle des Freitags durfte ich zwei Mal am Mittwochmorgen in ein Kinderheim. Da hat es mir sehr gut gefallen! So hätte ich mir eigentlich meine Arbeit vorgestellt. Nur schade, dass jetzt dann die Zeit schon um ist...
Trotz der harten Zeit und den Tiefs die ich durchlebte, war es eine wertvolle und vorallem auch sehr lehrreiche Zeit! Ich habe die Kinder in mein Herz geschlossen und es fällt mir schwer, mich nächste Woche von ihnen zu verabschieden!
Sebastian und Eugenia am Hausaufgaben lösen mit den einzigen drei Kids,
 die an diesem Nachmittag da waren



Während ich Leonardos Farbstift spitzte,
 übernahm er meinen Job Fotos zu machen  ;-)

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